Kein Sand am Meer

 

 

von Anja Krämer, Deutschland
 

Die aufrüttelnde Dokumentation „Sand - die neue Umweltzeitbombe“ ausgestrahlt vom TV Sender Arte machte mich bereits letztes Jahr auf eine weitere drohende Umweltkatastrophe aufmerksam:

Dem Raubbau von Sand.

 

Sand ist uns in unserem Alltag so allgegenwärtig, das wir uns dessen gar nicht weiter bewusst sind. Er ist einfach da, wie die Luft die wir atmen und das Wasser, das uns Leben spendet.

Bedeutet doch die Redensart „Wie Sand am Meer“, das etwas in unvorstellbar grosser Zahl und im Überfluss vorhanden ist.

 

Und das soll jetzt nicht mehr so sein?

 

Die Dokumentation zeigt schockierende Fakten über das Ausmass dieses unvorstellbaren Raubbaus an unserem Planeten. Jedes Jahr, so schätzt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), werden zwischen 47 und 59 Milliarden Tonnen Material abgebaut, hauptsächlich Sand und Kies.15 Milliarden Tonnen davon verschlingt allein die Bauindustrie in einem grenzenlosen Bauwahn, hier voran aufstrebende Staaten wie Singapur. Nicht nur der Bauboom, auch die Landgewinnung verschlingt Sand in Singapur. Der Stadtstaat konnte mit Sandaufschüttung seine Landmasse in den letzten 40 Jahren um 20% ausweiten. Für die Zukunft sind weitere 100 Quadratkilometer geplant. Hierfür saugen oder schaufeln

riesige Schwimmbagger den Sand vom Meeresgrund auf, wobei auch Meerestiere und Pflanzen eingesaugt und getötet werden. Dieser Teil der Nahrungskette steht nun den anderen Meeresbewohnern nicht mehr zur Verfügung, was eine fatale Kettenreaktion im Ökosystem allein vor der Küste Indonesiens zur Folge hat. 25 Inseln sind so bereits von der indonesischen Landkarte verschwunden. Tausende, von der traditionellen Fischerei lebende Familien sehen sich ihrer Lebensgrundlage beraubt.

 

Nichts anderes geschieht in Dubai. Der Bausektor dort überschlägt sich nahezu mit Superlativen: Eine Einkaufsmeile mit über 1200 Geschäften, 120 Restaurants, eine Eislaufbahn in Olympiagrösse, ein 23 Meter hoher Wasserfall und ein 3 Stockwerke umfassendes Hochseeaquarium - in einem Einkaufszentrum. Auch das grösste Gebäude der Welt, das Burj Kalifa steht hier. Für diesen Bau hat Dubai eigens Sand aus Australien kommen lassen. Wüstensand ist nämlich zum bauen ungeeignet. Er ist vom Wind rund geschliffen und nicht kantig wie Sand aus Flüssen und Meeren.

Auch in Sachen Landgewinnung steht Dubai Singapur in nichts nach.

Hunderte Millionen Tonnen importierter Sand und Gestein liessen vor der Küste die künstliche Inselgruppen Palm Islands entstehen.

 

Aus Sand und Zement erzeugen wir Beton. 2/3 aller Bauwerke bestehen aus Stahlbeton, der wiederum zu 2/3 aus Sand. Ein gewöhnliches Haus verschlingt an die 200 Tonnen Sand, ein grösseres Gebäude, eine Schule oder ein Krankenhaus 3000 Tonnen. Jeder Kilometer Autobahn verbraucht 30 000 Tonnen besten Sand und ein Atomkraftwerk schlägt mit sage und schreibe 12 000 000 Tonnen zu Buche.

Sand wird geschmolzen und zu Glas verarbeitet, als Siliziumdioxid finden wir ihn im Wein. Auch in Wasch- und Reinigungsmitteln, in getrockneten Lebensmitteln und in der Kosmetik ist Sand enthalten.

Hochwertige Minerale aus dem Sand stecken in unseren Hightech Produkten, Computern, Microchips, Kreditkarten und Handys.

 

Sand ist nach Luft und Wasser die am meisten verbrauchte Ressource der Welt. Früher brauchte man Sand und Kies nur abzubauen, doch das ist vorbei. Alle leicht zugänglichen Sandvorkommen haben wir in den letzten 150 Jahren bereits verbraucht.

Sand kommt meist aus dem Gebirge, wo das Gestein Wind, Wasser und Gletscherbewegungen ausgesetzt ist und sich über die Flüsse ins Meer bewegt. Dieser natürliche Prozess ist sprichwörtlich in stocken geraten.

Weltweit halten 850 000 Staudämme, ein Drittel der Flusssedimente in den Stauseen zurück. Diese Sedimente fehlen in den Flussdeltas und am Strand. Kanalisierte Flüsse schneiden zudem den Nachschub an Sand ab. Die Rhone in Frankreich und der Ebro in Spanien transportieren heute 20 mal weniger Sedimente ins Meer als noch 1950. Im Nildelta wird seit dem Bau des Assuan Staudamms immer weniger fruchtbarer Schlick angeschwemmt und heute versinken dort jährlich 175 Meter Küstenstreifen im Meer. Weltweit verschwinden die Strände nicht nur wegen dem Anstieg des Meeresspiegels als Folge des Klimawandels, auch die katastrophalen Folgen der Bausünden in den Küstenregionen der weltweiten Urlaubsdomizile verschlingen den Sand von unseren Stränden in immer schnellerem Tempo.

 

Küsten-Ingenieure konstruieren derweil eifrig Konzepte zur Rettung der Strände, doch sind diese alle nicht nachhaltig durchdacht und nach wenigen Jahren sind die Küstenorte wieder von sandlosen Stränden bedroht.

 

Eine sehr interessante Dokumentation, die uns einmal mehr erschütternde Fakten aufzeigt, was ein Zuviel an Menschen für das Leben auf unserem Planeten bedeutet. Leider wird auch hier die Überbevölkerung als wahre Ursache nicht erwähnt.
https://www.youtube.com/watch?v=T801BaCGJlk