Warum ist es so schwer sich selbst zu erkennen ?

Diese Frage stellte ich mir schon vor geraumer Zeit immer wieder, doch jedesmal entschwand sie aus meinen Gedanken. Diese Angelegenheit der Selbsterkennung macht sich nun seit einigen Jahren immer drängender in meinen Gedanken bemerkbar.

Ahnungen beflügelten mich, und plötzlich war die Antwort ganz klar in meinen Gedanken:
«Es ist das Ego». Die Selbsterkenntnis ist deshalb so schwer, weil uns das Ego daran hindert, und schon allein bei diesem Zwiegespräch mit mir selbst setzte sich eine Gedankenflut von Informationen in Bewegung. Also sagte ich mir: „Gewinne Abstand von der Selbstbezogenheit und gehe der Sache auf den Grund“. Einer meiner ersten Gedanken war, meine Mitmenschen zu beobachten, in der Art, wie sie sich geben, was sie erzählen und wie sie handeln. Ich stellte mir die Frage, was mich am Tun meiner Mitmenschen stört, was mich bei meinen Beobachtungen berührt, oder was mich an meinen Mitmenschen ärgert. Und dann betrachtete ich mich selbst in ehrlicher Form, ob ich die gleichen Gewohnheiten an mir selbst entdeckte. Es tauchten Fragen über Fragen in mir auf, doch hatte ich endlich einen Anhaltspunkt, denn somit musste ich mich mit dem Ego auseinander setzen. So beobachtete ich weiter. Laut meinem Verständnis ist man durch die Ichbezogenheit mit sich selbst so beschäftigt, dass man das wahre Gespür und das Mitfühlen zu anderen Personen nicht mehr wahrnimmt.

Unser wunderschöner Planet leidet, weil nur noch die Ausbeutung im grossen Stil um grosse Gewinne zu erzielen im Gange ist, was zu einem zerstörerischen Raubbau und Verbrauch der Ressourcen führt. Doch es ist den Verantwortlichen egal, ob die Erde, die Flora und Fauna und die Menschen darunter zu leiden haben oder sogar zerstört werden, Hauptsache der Profit stimmt.
Durch den Egoismus frönen wir einem Konsumwahn in der Form:
„Ich will ein grosses, schnelles Auto fahren, ich brauche viel Geld, ich möchte modisch immer auf dem Laufenden sein, ich hätte gerne eine luxuriöse Wohnung, jedes Jahr brauche ich mindestens zweimal Urlaub, ich möchte Skifahren usw“. Wir achten nicht mehr darauf, was dieses Konsumdenken alles zerstört. Leider sehen wir nur noch uns und machen uns relativ wenig Gedanken darüber, welche Auswirkungen all diese Geschehen auf unsere Umwelt haben.
In Diskussionsrunden heben sich so manche besserwisserisch hervor und man hört des öfteren: „Ich will, Ich werde, Ich kann“! Sie sehen immer nur sich und machen sich über ihre Mitmenschen keinerlei Gedanken. Ganz im Gegenteil; sie walzen andere mit ihrer Meinung nieder und lassen nichts anderes zu, als gerade nur ihre eigene Ansicht. Und erlaubt sich jemand auch nur anders zu denken, bestraft man ihn mit Verachtung und Ignoranz, oder fügt ihm gar noch Schaden zu, ganz nach dem Motto: „Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein“!
Nun möchte ich ein paar Beispiele aufzeigen, die das Ego, den Egoismus und die Selbstsucht verkörpern und die mich sehr zum Nachdenken angeregt haben. Das Ego und das Ich sind zwei sich exakt entsprechende Synonyme. Ein Egoist allerdings ist zu charakterisieren als ein Mensch, der sein persönliches Interesse bewusst oder unbewusst stets in den Vordergrund seines Denkens und Handelns stellt, ohne Rücksichtnahme auf seine Mitmenschen, wodurch er nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und alles für sich allein beansprucht. Egoismus ist einem egoistischen Menschen eigen, welcher der Selbstsucht verfallen ist und dadurch die Eigenliebe bzw. die Selbstliebe in einer ausgearteten Form pflegt. Die Identifikation mit dem Ego bedeutet, dass der Mensch selbstbezogen ist, sowie selbstzentriert, und wenn es um die eigene Person geht, dann ist der Mensch auch sehr engagiert. Leider gibt es auch noch den Faktor des „Besitzen-Wollens“ einer Sache oder eines Menschen, wie aber auch das sich selbst höher Einschätzen resp. das Erniedrigen der Mitmenschen zum eigenen Profit oder auch nur zur Erhöhung der eigenen Wertschätzung.

Sehr hohe selbstbezogene Ansprüche oder egoistische Selbstverwirklichung sind die Folge; man sagt auch, sie sind von egoistischen Motiven getrieben. Dadurch entstehen aber auch eingespielte Gewohnheiten, die auf Grund ihrer Natur selbst erhaltend sind;
(siehe auch „Die Macht der Gedanken“ Wassermannzeit - Verlag).
Meine Feststellung ist die, dass wir Menschen gegeneinander arbeiten, statt im harmonischen Miteinander. Sollten wir da nicht zueinander stehen um uns zu helfen? Wäre es nicht ratsam, uns unserer Verbundenheit und Verantwortung unserer Mitmenschen gegenüber wieder bewusst zu werden, ebenso mit Fauna und Flora? Unsere Vernunft mahnt uns doch zur Besinnung, wenn wir unbesonnen sind. Oder sind wir schon nicht mehr in der Lage unser Gewissen wahrzunehmen? Dieses Verdrängen der Tatsachen kann auch bewusst oder unbewusst geschehen, doch durch das Einnehmen dieser Haltung stellt sich Gleichgültigkeit ein. Ebenso sind wir achtlos und verantwortungslos geworden und dieses Desinteresse ist nicht zu unterschätzen, denn durch diesen Faktor macht sich die Macht der Gewohnheit in einer äusserst negativen Form bemerkbar.
Des Menschen Pflicht an den Mitmenschen ist doch, ihm Zuwendung und Zuneigung entgegen zu bringen, um ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wenn seinerseits ein Problem an uns heran getragen wird. Lässt man sich auf einen Mitmenschen ganz wertfrei ein, dann stellen wir fest, dass auch er seine positiven und negativen Werte besitzt und dass wir uns doch ähnlicher sind als wir uns zugestehen.
Nehmen wir jedoch Abstand von der eigenen Ichbezogenheit, dann treten andere Gedanken in unser Bewusstsein. Man beginnt wieder zu fühlen, zu spüren, zu riechen, zu achten, zu respektieren, zu hegen und zu pflegen. Das Menschsein erfüllt sich wieder mit Mitgefühl, und man fühlt wieder eine harmonische Verbundenheit. Doch diese Stimme des Gewissens und des Menschen Innerstes ist sehr leise. Es ist nicht mehr wichtig, welchen Status mein Gegenüber besitzt, ob er akademisch gebildet ist, in reichen Verhältnissen lebt, oder ob er arm ist und nur gerade so durch sein Leben kommt. Es wurde mir bewusst, wie selbstverständlich für uns viele unserer Handlungen sind und wir uns diesbezüglich keine Gedanken machen, wie wir durch unseren Egoismus grosse Zerstörung anrichten. Lernen wir jedoch einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit den von der Natur gegebenen Ressourcen und Vorräten, so kann es nicht ausbleiben, dass wir erkennen, dass es diese irrwitzig hohen materiellen Werte nicht benötigt. Stattdessen werden sich essentielle Werte wie Liebe, Gesundheit, Freiheit von Angst und Unterdrückung, Freiheit von Hunger und Not, sowie Frieden, Harmonie und Freude aufbauen.
Das Ego/Ich ist zusammen mit der Persönlichkeit, dem Charakter und dem Gedächtnis im Individualitätsblock angesiedelt, und dieser ist integriert im Bewusstseinsblock.



Bewusstseinsblock
I
Individualitätsblock
I
Ego   Persönlichkeit   Charakter   Gedächtnis

das Ego/Ich ist verankert in der Persönlichkeit



Und nun wieder zu der Frage: Warum ist es denn so schwer sich selbst zu erkennen?
Weil es uns unser Ego/Ich wahrlich nicht leicht macht sich selbst zu erkennen. Es ist ein stetiger und langer Prozess und ein konstantes Auseinandersetzen mit sich selbst, das heisst, immer wieder sich selbst prüfen und hinterfragen und letztendlich über seinen eigenen Schatten zu springen und sich dadurch in die Gemeinschaft in einer liebevollen Verbundenheit einzubringen. Es bedeutet also Geben und Nehmen und nicht nur zu Nehmen.

Wenn es nun heisst, ein gewisser Egoismus sei gesund, dann ist das falsch, weil das was gesund ist, alleine der Selbsterhaltungstrieb ist und dieser der Erhaltung des Lebens dient, in Bezug auf die Faktoren Nahrung, Schutz, Verteidigung, Erhaltung, Behauptung, Bewahrung und Sicherheit des eigenen individuellen Daseins in Rücksichtnahme auf die Mitmenschen und alles Leben, sittliches Handeln, Liebe, gute zwischenmenschliche Beziehungen und das Pflegen der Tugenden.
Quellenangabe: Billy Meier: ‹ Zur Besinnung S.284›


Doch wie begegne ich meinem Ego, oder wie bringe ich es zustande nicht mehr so egoistisch zu denken und zu handeln, denn das Ich legt zu sehr Wert auf sein eigenes Wohlergehen, so es sich bei den meisten weiterentwickelt bis zur Ichsucht, wodurch eben der Egoismus entsteht. Unser Ego/Ich zu bekämpfen sollte eines unserer ersten Gebote sein. Somit müssen wir unser dominieren wollendes Ego selbst besiegen und das bedeutet:
Sich seiner Handlungen bewusst zu werden und über den Verstand und die Vernunft sich selbst Einschränkungen aufzuerlegen, um für sich zu entscheiden, welche Dinge notwendig sind. Eine wahrliche Einschränkung erfolgt durch eine gesunde Einsicht, dass die freiwillige, sich selbst auferlegte Selbstdisziplin durch Bescheidenheit Erfolg und Vorteile bringt. Verstand und Vernunft fordern von uns, dass wir unsere Gedanken und Gefühle pflegen und alle ins Bewusstsein dringenden Begierden und Impulse analysieren und wir sie dadurch zu den richtigen Schlussfolgerungen ausarbeiten können. Es ist anstrengend, sich in Toleranz, Geduld, Ehrlichkeit und Bescheidenheit zu üben, doch es bedeutet, dass Selbsterkenntnis und Selbstdisziplin in die Wirklichkeit umgesetzt werden müssen, denn nur dadurch zeichnet sich der Mensch als Mensch aus. Heute jagt der Mensch mehr denn je dem Materiellen und Unwirklichen/Unbeweisbaren nach und findet nur wenig Zeit und Interesse, sich dem geistigen und bewusstseinsmässig Realen zuzuwenden. Doch alles beginnt mit der Bewusstwerdung, denn dadurch können wir erkennen, ergründen und das so Erfahrene in Weisheit in unserem täglichen Leben umsetzen. Wir sollten entsprechende Gedanken und Gefühle für uns selbst erzeugen und uns bemühen neutral-ausgeglichene Gedanken zu formen, diese dann zu verinnerlichen, um dadurch mit sich selbst eine Harmonie aufzubauen.
Es ist nicht einfach, sondern erfordert sehr viel Gedankenarbeit von uns.
Und das ist das Mühsame an der Selbsterkenntnis.


Dezember 2012, Karin Meier